Heute werde ich mir mal was gönnen: ich gehe nämlich zum Friseur.
Ja, natürlich hab ich das Gefühl, es ist meine Not, dies zu machen. Ganz dringend!
Auch wenn andere das nicht so sehen. Aber ich weiß auch, dass man damit was für die Seele tut. Man muss nur Zeit dafür finden. Heute gönne ich es mir mal.
Das ist wirklich schön. Abgesehen von den vielen Spiegeln, die einen umgeben und den Kunden (als auch die Angestellten) in einem
äußerst unschönen ungünstigen Winkel zeigen: man fühlt sich dicker, man fühlt sich blaß und krank, man denkt an die Zukunft. An die Zukunft beim Anblick in den Spiegel? Klar, nämlich folgendes: ich müsste mehr Sport treiben, weniger Rouge wäre auch angebracht, warum sticht mir mein eigenes Kinn fast doppelt so groß wie normal ins Auge... Die Gedanken rasen, bis man die nette Person, mit Schere und Kamm bewaffnet, hinter sich entdeckt. Es werden Wünsche formuliert, Ideen probiert und Haarschnitte besprochen. Und so lange, wie man sich auf dem Stuhl befindet, freundet man sich mit dem Gedanken an, dass ja alles irgendwann wieder nachwächst. Danach wird der Kopf befeuchtet, die Haare mit einem Shampoo massiert und alles wird sanft entspült. Mit einem Handtuch auf dem Kopf watscht man vorbei an allen Wartenden hin zu seinem Platz für die nächste Stunde. Und dann wird nur meinem Kopf die Aufmerksamkeit zu teil, die er dafür benötigt.
Aber abgesehen davon, was die reine Dienstleistung betrifft, hört man dann noch nette Plaudereien: hach, wie ist das Wetter im Moment wieder schlecht. Wo hat es mehr geregnet? Was hat man denn neulich in der Zeitung über die Prominente XYZ gelesen? Ach herje, nun will die auch noch heiraten? Na das kann ja was werden... Und haben sie schon von ABC gehört? Die soll ja schon wieder schwanger sein?! Nein, den Film hab ich mit dem Anderen,
wie hieß er noch gleich?, na, den hab ich jedenfalls nicht gesehen, aber toll ist er schon. Und was für schöne Haare der hat!
Coiffeure wissen alles. Sie hören da was, sie lesen hier was und haben zu allem die passende Meinung.
Und so schnippeln sie an dem Äußeren rum, schneiden da was ab, lassen dort was stehen und empfehlen hier noch eine Kur. Und hinterher, nach 2 Zentimeter Cut, wie der Fachmann sagen würde, fühlt man sich wie neu. Als wäre irgendwas verändert. Für einen Moment hat man den Stress vergessen, die Sorgen und die Gedanken, die einen nachts zuvor nicht schlafen ließen. Der Normalfall sollte sein, dass man gestärkt mit den zwei Tassen Kaffee und den ach so schönen oberflächlichen Gesprächen den Salon wieder verlässt, fröhlicher als zuvor. Für mich ist das fast wie ein kleiner Urlaub vom Alltag und all den Dingen, die mich beschäftigen. Auch wenn's bei meinem Friseur keinen Kaffee gibt. Aber das macht nichts.